Seit der Fußball Europameisterschaft 2008 in der Schweiz und Österreich werden die Fußballfans mit vielen neuen Statistiken belohnt. Dazu gehört auch die Statistik rund um die gelaufenen Kilometer der gesamten Mannschaft und sogar von den einzelnen Spielern.
Viele Zuseher fragen sich seitdem, wie die Laufdistanzen der Spieler denn überhaupt gemessen werden. Haben die Spieler etwa alle einen Chip oder ein Schrittmessgerät im Schuh oder im Trikot? Nein, keiner der Spieler trägt irgendeine Technik bei sich, die automatisch diese Daten an einen Computer weiterleiten könnten. Und dennoch spielt der Computer bei der Auswertung eine große Rolle.
Und so werden die Laufdistanzen wirklich gemessen
Letztendich ist die Antwort auf die Frage, wie die Laufdistanzen gemessen werden, recht simpel: Kameras zeichnen das gesamte Spiel auf und der Computer berechnet dann die zurück gelegten Meter und rechnet diese dann zusammen.
Doch wie funktioniert das genau? Das System besteht insgesamt aus rund 20 stereokopischen Kameras, die das Spielfeld gemeinsam komplett abdecken und es somit sozusagen in verschiedene Bereiche unterteilt.
Computer und Algorithmus errechnet die Distanzen
Die Kameras nehmen rund 25 mal pro Sekunde ein Foto auf und dadurch können die Bewegungen der Spieler, der Schiedsrichter und des Balls festgehalten werden.
Diese daraus entstehenden Einzelbilder werden automatisiert an einen zentralen Computer übermittelt und dann von diesem zu einem Gesamtbild zusammengefügt. Ein von der UEFA entwickelter Algorithmus extrahiert anschließend die Bahnen des Balls und der Spieler auf dem Fußballfeld.
Weitere Messungen und Statistiken
Er berechnet neben der Laufdistanz auch die genauen Laufwege, die Laufgeschwindigkeiten, Ballkontakte, Torschüsse und viele weitere Statistiken. Diese ganzen Daten werden so schnell verarbeitet, dass sie den Medienanstalten, wie beispielsweise Fernseh, Radio und Internet, beinahe in Echtzeit zur Verfügung gestellt werden können. In Probleme gerät der Computer nur dann, wenn sich viele Spieler praktisch gleichzeitig auf fast der gleichen Stelle bewegen, wie beispielsweise bei einer Jubeltraube nach einem Tor.
Wie genau sind die Messungen?
Dann erkennt der Computer nämlich unter Umständen die Spieler nicht mehr auseinander und genau deshalb wacht immer ein Operator über die Auswertung, der nötigenfalls korrigierend eingreifen kann und dem Computer die richtigen Spieler zuteilt. Viel einfacher wäre zur Errechnung dieser Statistik tatsächlich ein Chip in den Schuhen der einzelnen Spieler, doch die UEFA legt großen Wert darauf, dass die Spieler passiv verfolgt werden und nicht etwa aktiv.
Dies hat nicht zuletzt mit der Privatsphäre der Spieler zu tun. Übrigens haben ausführliche Evaluationen während der letzten Jahre ergeben, dass die Messwerte für die Distanz und die Geschwindigkeit nur maximal zwei Prozent vom tatsächlichen Wert abweichen. Dieses System wird mittlerweile nicht mehr nur bei Europameisterschaften eingesetzt, sondern auch in der Bundesliga, der Champions League und natürlich der Weltmeisterschaft.
Ein paar Beispiele für bekannte Laufdaten
Das World Wide Web ermöglicht uns glücklicherweise den Zugriff auf nahezu alle Daten. Betrachten wir zum Beispiel einmal die Laufdaten der Bundesligamannschaften in der aktuell laufenden Saison, dann sehen wir, dass der Tabellenführer aus München mit insgesamt 997 Kilometern auf dem letzten Platz liegt. Ebenfalls nur auf Rang 15 liegt der aktuelle Tabellenzweite Borussia Dortmund mit 1008 Kilometern.
Auch Wolfsburg auf Rang 13 und Schalke auf Rang elf liegen eher in der hinteren Region der Laufdistanz-Tabelle. Doch in der Bundesliga-Tabelle befinden sich diese vier Teams ganz vorne. Woran liegt das? Auch hier ist die Antwort eigentlich recht simpel: Teams, die einen auf Ballbesitz orientierten Fußball spielen, lassen den Ball und den Gegner laufen und müssen daher selbst deutlich weniger laufen als der Gegner.
Wie wichtig ist der Ballbesitz?
Pauschal kann man also sagen, dass Teams, die enorm viel Ballbesitz haben, gleichzeitig weniger laufen müssen als ihre Gegner. Eine Offenbarung ist dann allerdings so eine Statistik, wenn man grundsätzlich wenig Ballbesitz vorzuweisen hat und dann gleichzeitig auch noch wenig gelaufen ist. Der FC Augsburg und Werder Bremen befinden sich zum Beispiel auf Rang 16 und 17 in der Tabelle der Laufdistanzen, zeichnen sich aber in ihren bisherigen Begegnungen nicht gerade durch hohen Ballbesitz aus. Augsburg kommt nach neun Spielen auf 3808 Pässe und Bremen auf gar nur 3184 Pässe.
Anzahl der Pässe im Vergleich
Zum Vergleich: Der FC Bayern hat bereits 6494 Pässe getätigt und damit fast doppelt so viele als diese beiden Teams zusammen. Teams mit wenig Ballbesitz müssen dies also eigentlich durch Lauffreude wieder gut machen, ansonsten steht man zurecht so weit unten, wie das bei Augsburg und Bremen momentan der Fall ist. Ein weiteres interessantes Beispiel können wir uns von der Fußball Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien anschauen.
Deutschland als Lauf-Weltmeister
Deutschland gewann im Finale gegen Argentinien nach Verlängerung mit 1:0 und wurde Weltmeister. Wir erinnern uns alle gerne an diesen Moment. Betrachten wir die Laufdaten, unterstreichen sie das gute Turnier unserer Deutschen Elf. Denn im gesamten Turnierverlauf legten die Deutschen im Schnitt pro Spiel 120,9 Kilometer zurück, während die Argentinier nur 117,4 Kilometer gelaufen sind. Am Ende des Turniers standen vier Deutsche unter den fünf lauffreudigsten Feldspielern. Thomas Müller konnte sich diesen Titel mit insgesamt 84 gelaufenen Kilometern in 682 Spielminuten vor Toni Kroos sichern.