In den letzten Jahren gab es in einigen islamischen Staaten zu Teil weitreichende Reformen, die nicht zuletzt die Partizipation von Frauen am Gesellschaftsprozess stärkten. Den meisten wird die Aufhebung des Autofahrverbotes für Frauen in Saudi Arabien in Erinnerung geblieben sein.
Saudi Arabien hatte im letzten Jahr als weltweit letztes Land das Verbot gekippt. Auf der anderen Seite darf man nicht vergessen, dass Frauen in Saudi Arabien erst seit 2015 wählen dürfen. Diese schleppende Angleichung an westliche Demokratien gründet in der ständigen Auseinandersetzung der Regierungen, bzw. Königshäusern mit der geistlichen Führung islamistischer Staaten.
Die Reformen, die sich in den letzten Jahren zeigten, sind dabei vor allem in Hinblick auf die Teilnahme an der Weltwirtschaft zu erklären. Bereits 2002 identifizierte der erste „Arabische Entwicklungsbericht“ der UN die Diskrimierung von Frauen als eine Kernursache dafür, dass die arabische Region, im Vergleich zum Rest der Welt, zurückbleibt.
Nach wie vor bestehen allerdings in fast allen islamischen Staaten weiterhin frauenfeindliche Gesetze. Das hat zur Folge, dass sich die islamischen Staaten vorwiegend durch männerdominierte Gesellschaften auszeichnen. Die eingeleiteten Reformen und Modernisierungsprozesse stoßen dabei vor allem im Kern der männerdominierten Staatsreligion an ihre Grenzen.
Nach dem Glaubensbekenntnis bildet das Gebet die wichtigste Säule des Islam. Als Vorbeter in der Moschee und Gelehrter übernimmt der Iman dabei eine der wichtigsten Aufgaben. Anders, als das in einigen westlichen Staaten (USA, Deutschland, Dänemark, China, etc.) bereits der Fall ist, gibt es in den islamischen Staaten keine weiblichen Imame.
Islamisch gelehrte Frauen werden stattdessen als Murschida bezeichnet. Diese Frauen übernehmen zwar die Aufgaben eines Imam, dürfen aber, im Unterschied zu einem Mann, kein Gebet leiten. Eine andere Auffassung vertritt der Liberal-Islamische Bund (LIB). Dieser verweist darauf, dass der Koran selbst gar nicht vorschreibe, dass nur Männer das Gebet leiten dürfen. Nach einem Positionspapier des LIB gibt es Belege dafür, “dass der Prophet mehr als einmal einer Frau die Gebetsleitung in ihrem Haushalt erlaubte – obwohl der Haushalt auch aus Männern bestand –, wenn die Frau in religiöser Hinsicht klar die gebildetste war”.
Wenn man weiterhin bedenkt, dass das Amt des Imams grundsätzlich jeder übernehmen kann und nicht zwangsläufig eine spezielle Ausbildung, außer dem Selbststudium, erfordert, sind weibliche Imame in islamischen Staaten ebenfalls denkbar. Aus religiöser Perspektive ist die Gebetsleitung durch eine Frau daher nicht zu erklären. Nur eine Anerkennung einer liberalen Auffassung des Islam kann einen solchen Wandel in den arabischen Staaten einleiten. Fraglich bleibt, ob das eine zwingende Notwendigkeit sein muss.